
Noch vor wenigen Jahren galten Bitcoin und Co. als Spielerei für Cypherpunks, Nerds und Computerfreaks oder bestenfalls als spekulative Anlageklasse. Unternehmen, die in Bitcoin und Co. investieren? Damals noch undenkbar. Heute hat sich der Wind gedreht und immer mehr Firmen, darunter börsennotierte Unternehmen, entdecken die Kryptowährungen für sich Dabei geht es nicht nur um kurzfristige Rendite – sondern um tiefe liegende strategische und vor allem langfristige Überlegungen.
Am Anfang gab es Microstrategy
MicroStrategy, jetzt Strategy, leistete schon früh Pionierarbeit in Sachen Bitcoin als Wertspeicher. Bereits im Jahr 2020 wurde der BTC fest in die Treasury des Softwareherstellers integriert. CEO Michael Saylor traf diese Entscheidung aus der Überzeugung heraus, dass Bargeld durch die expansive Geldpolitik der Notenbanken rapide an Kaufkraft verliert – für ihn war das Barvermögen des Unternehmens ein „schmelzender Eiswürfel“. Stattdessen setzte er auf Bitcoin als knappes, dezentrales und digitales Asset mit langfristigem Werterhalt. Anders als Gold sei Bitcoin global übertragbar, transparent und immun gegen politische Eingriffe – Eigenschaften, die ihn für Saylor zur überlegenen Alternative für die Kapitalreserve machten. Saylor geht es nicht um kurzfristige Spekulation, sondern um eine tiefgreifende strategische Neuausrichtung des Unternehmens. Mittlerweile zählt Strategy längst zu den Bitcoin Walen und hält aktuell rund 600.000 Bitcoin.
Bitcoin in der Bilanz: Warum Metaplanet MicroStrategy nacheifert
Im Frühjahr 2024 zog das japanische Unternehmen Metaplanet nach und begann größere Mengen an Bitcoin zu kaufen und diese als Teil der Finanzstrategie zu deklarieren. Das Unternehmen tritt damit ganz bewusst in die Fußstapfen von Strategy. Die Idee dahinter ist eigentlich ganz einfach. In Zeiten von niedrigeren Zinsen, (drohender) Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit suchen Unternehmen Lösungen um ihre Treasury möglichst sicher anzulegen. Bitcoin, mit seinem festen Angebotslimit von 21 Millionen Coins, erscheint dabei vielen als modernes Pendant zu Gold. Langfristig will sich Metaplanet als „asiatische Antwort“ auf MicroStrategy positionieren.
Ganz neu im Bitcoin Game hingegen ist GameStop. Bekannt geworden durch den Reddit-getriebenen „Meme-Stock“-Hype rund um r/WallStreetBets, versucht sich der Videospielhändler inzwischen als Player im Web3-Bereich zu etablieren. Da ist eine Investition in Bitcoin nur der nächste logische Schritt. Im Mai hat GameStop 4.710 Bitcoin gekauft. Für weitere Käufe soll ebenfalls ein Teil der Cash Reserven des Unternehmens genutzt werden. Mit Matador ist jetzt ein kanadisches Unternehmen nachgezogen. Die 77 BTC, die Matador derzeit besitzt, erscheinen im Vergleich zu den großen Akteuren fast symbolisch. Das Unternehmen hat jedoch einen Plan, wie es seine Bitcoin-Käufe finanzieren will. Es hat einen Shelf Prospectus über 900 Millionen kanadische Dollar (rund 600 Millionen Euro) aufgelegt, der von der TSX Venture Exchange genehmigt wurde.
Ethereum in der Treasury
Nicht alle Unternehmen setzten (ausschließlich) auf Bitcoin. Sharplink konzentriert seine Treasury beispielsweise voll auf Ethereum. Das Unternehmen besitzt mittlerweile 280.706 und hat damit übrigens auch ganz locker die Ethereum Foundation überholt. SOL Strategies setzt, wie es der Name schon verrät, voll auf Solana. Das Unternehmen besitzt rund 420.000 Token.
Was Unternehmen an Krypto wirklich interessiert
Der Einstieg in Kryptowährungen erfolgt in der Regel aus drei Hauptmotiven:
Kapitalallokation: Unternehmen mit Cash-Reserven – vor allem aus der Tech-Branche – fragen sich, wie sie den Wert erhalten oder relativ einfach mehren können. Krypto wird hier als Alternative zu Staatsanleihen oder traditionellen Währungen gesehen, die unter Inflation und politischen Risiken leiden.
Technologische Innovation: Blockchain-Technologie erlaubt neue Formen von Geschäftsmodellen, etwa über automatisierte Prozesse (Smart Contracts), tokenisierte Güter oder Community-getragene Plattformen. Besonders interessant ist das für Plattformbetreiber, Finanzdienstleister und den Gaming-Sektor.
Marktpositionierung: Für viele Unternehmen ist Krypto auch ein Statement. Es signalisiert Innovationsbereitschaft, Zukunftsorientierung und Offenheit gegenüber neuen Generationen von Nutzern und Investoren.
Risiken sind vorhanden – aber kalkulierbar
Natürlich ist der Weg in die Krypto-Welt nicht frei von Stolpersteinen. Die Kurse sind nach wie vor volatil, Regulierungen uneinheitlich und technologische Standards befinden sich im Wandel. Doch Unternehmen, die Krypto nicht nur als Spekulation, sondern als Baustein ihrer Strategie verstehen, gehen damit anders um. Sie kalkulieren diese Risiken bewusst ein – vergleichbar mit dem Risiko, früh in eine aufkommende Technologie oder ein sich wandelndes Marktumfeld zu investieren.
Zuletzt aktualisiert am 20. Juli 2025