Der Gründer der einst führenden türkischen Kryptobörse Thodex, Faruk Fatih Özer, ist am 2. November tot in seiner Einzelzelle im Hochsicherheitsgefängnis Tekirdağ F-Typ aufgefunden worden. Nach Angaben lokaler Medien wurde sein lebloser Körper während einer morgendlichen Kontrolle entdeckt, Hinweise deuten auf Suizid durch Erhängen hin.
Özer verbüßte eine Haftstrafe von exakt 11.196 Jahren, 10 Monaten und 15 Tagen . Diese war eine der längsten Strafen, die je in der Türkei verhängt wurden. Die türkischen Behörden haben umgehend eine formelle Untersuchung eingeleitet, um die Umstände seines Todes zu klären.
Der Zusammenbruch von Thodex
Thodex war 2017 gegründet worden und hatte sich schnell zu einer der größten Kryptobörsen des Landes entwickelt. Im April 2021 fror die Plattform jedoch plötzlich sämtliche Auszahlungen ein und sprach von einer „vorübergehenden Aussetzung“ des Handels. Kurz darauf setzte sich Özer mit mutmaßlich Millionen in Kryptowährungen nach Albanien ab.
Ein internationaler Haftbefehl führte im August 2022 zu seiner Festnahme, im April 2023 wurde er an die Türkei ausgeliefert. Die Anklage warf ihm und weiteren Beteiligten vor, über 400.000 Anleger betrogen zu haben. Der Schaden belief sich laut der türkischen Finanzermittlungsbehörde MASAK auf rund 356 Millionen Lira, umgerechnet etwa 12,5 Millionen US-Dollar. Ein Großteil der Vermögenswerte wurde in Wallets transferiert, die Özer und seinen Vertrauten zugeordnet wurden.
Neben Faruk Özer wurden auch seine Geschwister Guven und Serap Özer verurteilt. Beide erhielten identische Haftstrafen. Insgesamt standen 21 Personen vor Gericht, sieben von ihnen wurden inhaftiert, während 16 mangels Beweisen freigesprochen wurden.
Einfluss auf türkische Krypto-Regulierung
Der Thodex-Skandal hatte eine beispiellose Welle der Empörung ausgelöst und die Debatte um Kryptowährungen in der Türkei neu entfacht. Die Regierung reagierte mit einem regulatorischen Kurswechsel. Der Vorfall gilt heute als Wendepunkt in der türkischen Kryptopolitik, der schärfere Aufsicht, strengere Meldepflichten und mehr Kontrolle durch die Behörden zur Folge hatte.
Obwohl das Vertrauen vieler Privatanleger beschädigt wurde, bleibt das Land einer der aktivsten Krypto-Märkte weltweit. Die strafrechtliche Aufarbeitung von Thodex war dabei zentraler Bestandteil der neuen Strategie der Finanzaufsicht, um das Vertrauen in den Sektor wiederherzustellen.
Trotz aller Skandale ist die Türkei weiterhin der größte Kryptomarkt in der MENA-Region. Laut dem aktuellen Chainalysis Crypto Adoption Report 2025 wurden im vergangenen Jahr Transaktionen im Umfang von fast 200 Milliarden US-Dollar abgewickelt, rund viermal so viel wie in den zweitplatzierten Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Ursachen liegen unter anderem in der hohen Inflation und einer schwachen Lira, was viele Türken dazu bringt, ihr Vermögen in vielversprechenden Kryptowährungen abzusichern.



