3,56 Millionen Ethereum sind in den Büchern gefangen, 3 Milliarden US-Dollar nicht realisierter Verlust, Bitmines riskante Wette wird zu einem verzweifelten Überlebenskampf.
„BitcoinOG (1011short)“ – ein in der Kryptowelt weithin bekannter Name – kehrte am 29. November plötzlich seine bullische Haltung um und eröffnete eine Short-Position über 5.000 ETH mit einem Nominalwert von 15,04 Millionen US-Dollar.
Nur 24 Stunden später schloss dieser Wal seine Position schnell und erzielte einen Gewinn von 54.800 US-Dollar. Dieser scheinbar erfolgreiche Handel offenbart jedoch die tieferliegenden Turbulenzen am Ethereum-Markt.
Im selben Markt steht das börsennotierte Unternehmen Bitmine vor einer noch härteren Prüfung. Mit dem Rückgang des Ethereum-Preises unter 3.000 US-Dollar steckt das Unternehmen mit seinen 3,56 Millionen ETH in einem nicht realisierten Verlust von bis zu 3 Milliarden US-Dollar.
I. Die Wende des Wals
● Am 29. November vollzog ein als „BitcoinOG (1011short)“ bekannter Ethereum-Wal eine schockierende Strategieänderung. Der langjährige Bulle eröffnete eine Short-Position über 5.000 ETH mit fünffachem Hebel und einem Nominalwert von über 15 Millionen US-Dollar, mit einem Liquidationspreis von 5.056,5 US-Dollar.
● Doch das Drama am Markt begann gerade erst. Bereits am nächsten Tag, dem 30. November, schloss der Wal diese große Short-Position abrupt. Der Handel brachte letztlich einen Gewinn von 54.800 US-Dollar ein, was bei einem Nominalwert von 15,04 Millionen US-Dollar einer Rendite von nur 0,36 % entspricht.
● Analysten stellten bei der Betrachtung dieses Handels fest: „Der Gewinn ist im Verhältnis zum Nominalwert sehr gering, was darauf hindeutet, dass der Preisrückgang von Ethereum nicht so stark ausfiel wie vom Trader erwartet oder dass die Haltedauer der Position sehr kurz war.“
II. Bitmines Dilemma
● Als der Ethereum-Preis von über 4.000 US-Dollar auf das aktuelle Niveau von etwa 3.000 US-Dollar fiel, geriet die Bilanz von Bitmine stark unter Druck. Das börsennotierte Unternehmen hatte geplant, 5 % des gesamten Ethereum-Angebots zu akkumulieren und hält mittlerweile 3,56 Millionen ETH, was fast 3 % des zirkulierenden Angebots entspricht.
● Mit zunehmendem Gegenwind am Markt treten jedoch schwerwiegende Probleme bei Bitmines aggressiver Strategie zutage. Bei einem durchschnittlichen Kaufpreis von 4.009 US-Dollar beläuft sich der Buchverlust von Bitmine bereits auf nahezu 3 Milliarden US-Dollar.
● Besorgniserregender ist, dass die Barreserven des Unternehmens bei etwa 607 Millionen US-Dollar liegen und „nahezu das gesamte Bargeld“ bereits in den Erwerb von Ethereum investiert wurde, sodass die Möglichkeit für Nachkäufe bei niedrigen Kursen fehlt.
● Dies bringt Bitmine in eine „toxische Finanzierungssituation“: Bei einer Kapitalerhöhung im September 2025 musste das Unternehmen 5,22 Millionen Aktien zu je 70 US-Dollar verkaufen und legte pro Aktie zwei Warrants bei.
An der Wall Street gibt es ein Sprichwort: Erst bei Ebbe sieht man, wer nackt schwimmt. Im November 2025 zog sich das Wasser schneller zurück, als alle erwartet hatten.
III. Markthintergrund
Der Ethereum-Markt erlebt derzeit einen umfassenden Rückzug der Käuferseite, die einstigen drei Stützpfeiler – ETF, Treasury-Unternehmen und On-Chain-Kapital – haben sich inzwischen vollständig auseinanderentwickelt.
● Auch die digitalen Treasury-Unternehmen befinden sich in einer Phase der Differenzierung. Derzeit beträgt der strategische Ethereum-Bestand der Treasury-Branche 6,2393 Millionen ETH, was 5,15 % des Angebots entspricht, doch das Tempo der Aufstockungen hat sich in den letzten Monaten deutlich verlangsamt.
● Auf der anderen Seite des Marktes verkaufen Langzeitinhaber (Adressen mit einer Haltedauer von mehr als 155 Tagen) derzeit täglich etwa 45.000 ETH, was rund 140 Millionen US-Dollar entspricht – das höchste Verkaufsniveau seit 2021. Diese massiven Verkäufe verstärken den Abwärtsdruck auf den Markt weiter.
● Auf makroökonomischer Ebene wirft die Unsicherheit der US-Notenbankpolitik einen Schatten auf den Markt. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im Dezember ist von 66 % auf 44 % gefallen, was Risikoanlagen unter Druck setzt.
● Am 1. Dezember erlebte der Kryptomarkt einen Sturm: Der Ethereum-Preis fiel an diesem Tag um 6 % auf unter 2.900 US-Dollar. Sean McNulty, Head of APAC Derivatives Trading bei FalconX, sagte: „Das ist der Auftakt zu einem Dezember, der von Risikoaversion geprägt ist. Am beunruhigendsten sind die mageren Zuflüsse in Bitcoin-ETFs und das Fehlen von Käufern, die bei Kursrückgängen einsteigen.“
IV. Tiefenanalyse
Unter der Oberfläche der Turbulenzen am Ethereum-Markt findet ein tiefgreifender Machtkampf um die Kontrolle des Angebots statt.
● Der Ethereum-Markt im Jahr 2025 zeigt zwei völlig unterschiedliche Verhaltensmuster: Auf der einen Seite liquidieren OG-Verkäufer (Langzeitinhaber) bei fallenden Kursen mehr als 100.000 ETH. Auf der anderen Seite haben Wal-Akkumulateure seit April 2025 insgesamt 8,01 Millionen ETH hinzugefügt, wobei allein am 12. Juni 871.000 ETH an einem Tag zugeflossen sind – der größte Wal-Zufluss des Jahres.
Diese Divergenz hat einen Kampf um das Angebot ausgelöst, der kurzfristige Volatilitätsrisiken mit sich bringt, aber auch darauf hindeutet, dass ein Wendepunkt möglich ist, wenn institutionelle Käufe den Ethereum-Preis im Unterstützungsbereich von 3.000–3.400 US-Dollar halten können.
● In diesem Tauziehen spiegelt Bitmines Dilemma ein tieferliegendes Problem wider. Der Aktienkurs des Unternehmens ist seit dem Hoch im Juli um etwa 80 % gefallen, die aktuelle Marktkapitalisierung liegt bei rund 9,2 Milliarden US-Dollar und damit sogar unter dem Wert der gehaltenen ETH von 10,6 Milliarden US-Dollar.
● Die Skepsis des Marktes gegenüber dem Unternehmenswert zeigt sich direkt im mNAV (Marktkapitalisierung zu Nettovermögen), das auf 0,87 gefallen ist – ein Zeichen für die Sorge des Marktes um die Buchverluste und die Nachhaltigkeit der Liquidität des Unternehmens.
● Dieses Abschlagsphänomen ist kein Einzelfall – der gesamte DAT-Sektor (Digital Asset Treasury) steht vor einer strukturellen Anpassung. Die führenden Unternehmen können dank Kapital und Vertrauen weiter kaufen, während kleine und mittlere Unternehmen unter Liquiditätsengpässen und Schuldendruck leiden. Der Staffelstab am Markt geht von breiten Zuflüssen zu wenigen „einsamen Kämpfern“ mit Kapitalvorteil über.
V. Ausblick
Obwohl der Markt von Pessimismus geprägt ist, könnten einige potenzielle positive Faktoren die aktuelle Entwicklung verändern.
● Das für den 4. Dezember geplante Ethereum-Fusaka-Upgrade sieht vor, die Anzahl der Blobs von 9 auf 15 zu erhöhen, was direkt zu einer weiteren deutlichen Senkung der Layer2-Transaktionsgebühren führen wird. Die Gasgebühren der führenden L2 wie Arbitrum, Optimism, Base usw. könnten um weitere 30 % bis 50 % sinken, was die Aktivität im Ethereum-Ökosystem anregen dürfte.
● Auch auf makroökonomischer Ebene gibt es Chancen. Das neueste CME FedWatch Tool zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte bei der Sitzung am 10. Dezember auf 85 % gestiegen ist – vor einer Woche lag sie noch bei 35 %. Der Grund für diesen starken Anstieg ist, dass die PPI-Daten für November deutlich unter den Erwartungen lagen und der Inflationsdruck weiter nachlässt.
● Noch spannender ist, dass der neue Vorsitzende der US-Notenbank möglicherweise schon vor Weihnachten bekannt gegeben wird. Derzeit liegt Kevin Hassett, Direktor des National Economic Council, deutlich vorne. Hassett ist ein typischer „Zinssenkungs- und Steuersenkungsbefürworter“, der Powell wiederholt für zu starke Zinserhöhungen kritisiert hat und für einen Leitzins plädiert, der deutlich unter der Inflationsrate liegt.
● All diese positiven Faktoren bedeuten jedoch nicht das Ende der Schwierigkeiten für DAT-Unternehmen. Der weltweit führende Indexanbieter MSCI hat eine Konsultation eingeleitet und erwägt, Unternehmen, bei denen Krypto-Assets mehr als 50 % der Bilanzsumme ausmachen, aus den Indizes zu entfernen. Die endgültige Entscheidung wird am 15. Januar 2026 bekannt gegeben – dieses Datum gilt als Tag der Abrechnung für den DAT-Sektor.
Der Markt richtet den Blick nun auf zwei entscheidende Termine: die Sitzung der US-Notenbank am 10. Dezember und die endgültige Entscheidung von MSCI am 15. Januar 2026 über den Verbleib von Unternehmen mit hohem Krypto-Anteil in den Indizes.
Diese Ereignisse werden die Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen wie Bitmine bestimmen und auch die Anlagestrategien der Wale beeinflussen. Wie ein Marktbeobachter sagte: In diesem Spiel zwischen Walen und Hodlern kommt es nicht darauf an, wer im Bullenmarkt mehr verdient, sondern wer im Bärenmarkt länger überlebt.



